In diesem Beitrag möchte ich über die aktuelle Drogenbeauftragte der Deutschen Bundesregierung reden. Seit einigen Jahren steht das Amt der Drogenbeauftragten nun schon unter starker Kritik. Da im September 2019 dieser Posten neu vergeben wurde gab es einen Augenblick Hoffnung, aber die Kritik ist jetzt fast noch stärker wie zuvor.
Kommen wir also zum Kernpunkt dieses Beitrages. Daniela Ludwigs Äußerungen zum Thema Cannabis.
Auf die grundlegende Frage, warum Alkohol und Cannabis rechtlich so verschieden behandelt werden, antwortete sie: “Nur weil Alkohol gefährlich ist — unbestritten —, ist Cannabis kein Brokkoli. Okay?”. Diese Antwort beinhaltet keine Antwort auf die gestellte Frage. In weniger trophologischen Worten sagt sie also, Nur weil Alkohol gefährlich ist, ist Cannabis nicht ungefährlich. Sie setzt der Frage nach, “Sie müssen mit meinen Antworten klarkommen, so wie ich mit Ihren Fragen”. Des Weiteren erwähnt sie hier: “Wir haben zwei Volksdrogen. Ich brauch’ keine dritte. Ich brauch’ einfach keine dritte.”.
In einem Tweet am 3. Juli 2020 schrieb Daniela Ludwig: “[…] dass Zigaretten selbst bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Gesundheitsschäden auslösen im Gegensatz zu Zucker oder Alkohol.” Auf der Website abgeordnetenwatch.de wurden daraufhin von dem User “Neuchel Timothy” folgende Fragen gestellt.
- Was ist der bestimmungsmäßige Gebrauch bei A. Alkohol, B. Zigaretten, C. Zucker, D Cannabis?
- Es gibt eine Studie der WHO. Diese besagt “Es gibt keinen unbedenklichen Alkoholkonsum”. A. Ist ihnen diese Studie bekannt?, B. Wenn ja, haben Sie dann eine andere Auffassung und oder Quellen die besagen das Bestimmungsmäßiger gebrauch von Alkohol harmlos ist? C. Wenn nein, warum kennen Sie solche Studien als Bundesdrogenbeauftragte nicht?
Bevor wir hier zu der Antwort kommen, sehen wir uns diese Studie einmal kurz an.
In dem von Neuchel Timothy verlinkten Artikel der WHO wird auf eine medizinische Studie von The Lancet, einer der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt, hingewiesen. Das Ergebnis dieser Studie bestätigt, “[…] dass Alkoholkonsum ein wesentlich vermeidbarer Risikofaktor für nichtübertragbare Krankheiten […] sowie Verletzungen aufgrund von Gewalt und Verkehrsunfällen ist.”. Des Weiteren lieferte die Studie Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Trinkgewohnheiten und 23 gesundheitlichen Resultaten.
Sehen wir uns also jetzt Daniela Ludwigs Antwort auf Neuchel Timothys Frage an.
“Sehr geehrter Herr Neuchel, ich antworte mal mit einem Gedicht von Heinz Erhardt: [‘Die Kunst des Trinkens’ von Heinz Erhardt]. Mit freundlichen Grüßen, Daniela Ludwig”
Das Gedicht “Die Kunst des Trinkens” von Heinz Erhardt verherrlicht den Alkoholkonsum auf mehreren Ebenen. So wird Alkohol in dem Gedicht als “Köstlichkeit” oder “Geistesgetränk” bezeichnet. Allerdings beinhaltet es auch Zeilen, die dazu anregen weniger Alkohol zu sich zu nehmen. “Man trinke Schnaps stets nur zum Essen! Das Bier dazu soll man vergessen! Und ob in Kneipe oder Haus: Man lasse immer einen aus!”. Der Text beinhaltet jedoch auch stark fragwürdige Abschnitte wie “Wenn man das ganz genau so tut, dann fährt man stets — auch Auto! — gut.”
Da dieser Text im großen und ganzen Daniela Ludwigs gesamte Antwort auf Neuchel Timothys Fragen ist, werden diese nur zum Teil beantwortet. Teil A von Frage eins, Was ist der bestimmungsmäßige Gebrauch von Alkohol, ist die Einzige Frage, die von dem Gedicht mit viel Fantasie beantwortet wird. Die Antwort wäre also in etwa: Alkoholkonsum ist bei einem Essen völlig normal und es ist in Ordnung unter Alkoholeinfluss Auto zu fahren, wenn man nur jedes zweite Glas Alkohol getrunken hat. Mir ist klar, dass das mit Sicherheit nicht ist was Daniela Ludwig sagen wollte, aber bei einer derart der Frage fernen Antwort ist der Interpretationsspielraum sehr groß und die Antwort ist unklar. Die anderen Teilfragen der ersten Frage, was denn der bestimmungsgemäße Gebrauch von Zigaretten, Zucker und Cannabis seien, bleiben durch diese Antwort unbeantwortet.
Auch die Zweite Frage, Ob ihr die genannte Studie bekannt ist, und wenn ja was sie denn für Gegenargumente hat, bleibt komplett unbenatwortet. Auch zu dem Fall dass sie die Studie nicht kennen würde äußert sie sich nicht.
Das bedeutet, 17% der Fragen beantwortete sie schwammig bis ungenau, während die anderen 83% der Fragen komplett unbeantwortet blieben.
Am 10. Juli 2020 äußerte Daniela Ludwig sich auf Twitter zu ihrer Antwort mit folgendem Kommentar: “To whom it may concern: Lyrik ist frei,Gedichtinterpretation oft subjektiv, Poesie erfordert Nachdenken. Ich mag die Gedichte von Heinz Erhardt. Sie benennen unsere Schwächen. Augenzwinkernd,nicht verletzend. Nicht belehrend und nicht bierernst. [Zwinkeremoji]#gedichtsanalyse #noalcohol”. Wie sie hier selbst erwähnt sind Gedichtinterpretationen subjektiv, wodurch die Wahl des Gedichtes als Antwort noch suspekter wird. Man solle meinen Politiker würden ihren Standpunkt klar vermitteln wollen.
Am 11. Juli 2020 hatte Kirsten Kappert-Gonther, Medizinerin und Politikerin, auf Facebook bekannt gemacht, dass sie von ihrem Recht als Abgeordnete gebrauch gemacht hat, um die selbe Frage schriftlich an Daniela Ludwig zu stellen.
Ein weiterer Post auf abgeordnetenwatch.de stellt eine Liste an Gründen (mit einem Schwerpunkt auf Strafverfolgung), die aktuelle Drogenpolitik zu ändern oder zumindest zu überdenken vor, welche mit der Frage, “Mit welchen Argumenten Rechtfertigen Sie die schädliche und unwirksame Strafverfolgung von Cannabis Konsumenten unter Berücksichtigung der dargelegten Fakten?” abgeschlossen wird. Daniela Ludwigs Antwort darauf ist: “[…]abgeordnetenwatch dient dazu, Politikern öffentlich Fragen zu stellen. Niemand muss sich hier rechtfertigen. Weder der Fragesteller, noch der Befragte.[…]”. Wofür die Plattform dann überhaupt existieren würde steht damit also offen.
Ein weiterer Nutzer stellte die Frage “Ich entnehme Ihren Aussagen, dass Sie Alkoh(o)l und Cannabis für ungefähr gleich schädlich halten, Cannabis aber nicht legalisieren wollen, da es ihrer Meinung nach genug Probleme mit legalen Drogen gibt. Habe ich hier ihre Aussagen richtig verstanden? Falls ja, gehen Sie davon aus das die Konsumzahlen von Cannabis unter einer Legaliesierung steigen würden und die von Alkohol gleich bleiben würden? Diese Studie (https://www.bundestag.de/resource/blob/675688/4ba9aed6de8e9633685a1cdc2d823525/WD-9-072-19-pdf-data.pdf) interpretiere ich so, dass die Konsumzahlen von Cannabis nicht (Erwachsene) mit einer Legalisierung steigen oder sogar (Kinder und Jugendliche) sinken. Ansonsten würde mich interessieren wie sich die Konsumzahlen von Alkohol seit der Cannabislegalisierung in Kanada verändert haben. Hierzu konnte ich keine Studie finden. Können Sie mir hier weiterhelfen?”. Wieder wird die Frage nahezu ignoriert und mit “Wir brauchen keine weiteren legalen Drogen.” beantwortet. Keine Argumente, nicht mal Antworten auf die gestellten Fragen. Nur eine Aussage, die einen Teil der ersten Frage, welcher bereits angenommen wurde, bestätigt.
Man stellt sich also die Frage, warum ist Daniela Ludwig überhaupt Drogenbeauftragte der Bundesregierung? Tja, das weiß ehrlich gesagt niemand so genau. Auf eine Frage von Tilo Jung bezüglich der fehlenden bis mangelnden Fachkenntnis von Daniela Ludwig antwortete Oliver Ewald, Sprecher des Bundesministeriums für Gesundheit, folgendes:
“Der Umstand dass Frau Ludwig keine explizit drogenpolitische Expertise hat, muss ja nicht zwingend dazu führen, dass sie dieses Amt nicht (sozusagen) bekleiden kann.”
Demnach ist sich die Bundesregierung bewusst, dass Frau Ludwig nicht für den Job als Drogenbeauftragte Qualifiziert ist. Oliver Ewald fährt fort mit:
“Ich bin sicher, dass sie wenn sie ihre Arbeit aufnimmt ihre Inhalte und Schwerpunkte ihrer Arbeit darlegen wird und das auch begründen wird, warum sie da diese Schwerpunkte setzt.”
Es scheint also so, als würde die Drogenbeauftragte ohne ein wirklich Qualifikationsbedingtes Auswahlverfahren bestimmt werden. Stattdessen soll die ausgewählte Person sich erst nach der Wahl Wissen bezüglich ihrer Position aneignen.
Zum Schluss erwähnt Oliver Ewald: “Im Übrigen war es nach meiner Erinnerung nicht so, dass die anderen Drogenbeauftragten der Bundesregierung in der Vergangenheit da so einen Hintergrund hatten.”
Die Tatsache, dass das kein guter Grund ist jemand unqualifizierten auszuwählen mal beiseite gestellt, sehen wir uns doch mal diese vorherige Drogenbeauftragte an. Bis September 2019 wurde dieses Amt von Marlene Mortler besetzt, welche in der Tat ähnlich unqualifiziert war und durch Aussagen wie “Cannabis ist Verboten, weil es Illegal ist. Punkt.” stark in die Kritik geriet. Die Tatsache dass diese Wahl also kein Einzelfall ist spricht für sich.
Auf eine zweite Frage von Tilo Jung, wer denn die Drogenbeauftragte aussucht, antwortete Oliver Ewald mit: “[…] das ist ein internes Verfahren zu dem ich jetzt hier auch keine Stellung nehmen kann.”.
Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung, setzte nach: “Die Bundesregierung benennt Beauftragte.” Auf die Frage ob das die Entscheidung von Jens Spahn, dem Bundesgesundheitsminister, gewesen sei, weicht Seibert aus in dem er seine Antwort ohne weiteren Kommentar wiederholt.
Die Regierung selbst ist sich also auch nicht sicher, oder möchte nicht genau sagen, wer, bzw. welche genaue Gruppe an Personen diese Wahl zu verantworten hat.
Wenn Daniela Ludwig nicht für Ihre Position als Drogenbeauftragte Qualifiziert ist, wofür denn dann? Studiert hat sie Rechtswissenschaft, also sollte sie sich damit doch gut auskennen.
Wie es aussieht leider auch das nicht.
Im Juni 2020 veröffentlichte sie auf Twitter die Privatnachricht eines Bürgers, die sie über Instagram bekommen hatte. Dieser hatte sich mit zugegebnermaßem unangebrachtem Wortlaut bei ihr beschwert. Sie hat diese Nachricht als Screenshot, ohne den Bürger unkenntlich zu machen mit den Worten “Ohne Worte……. sag noch einer, bestimmte Substanzen entspannen. #failderwoche #hatespeech” auf Twitter geteilt.
Unabhängig davon, dass das Illegal ist, ist es bedenklich, dass die Drogenbeauftragte der Bundesregierung damit alle Cannabis Konsumenten öffentlich anhand eines Einzelfalles als aggressiv und lächerlich darstellt.
Daniela Ludwig wurde am 30. Juli 2020 von der betroffenen Person angezeigt.
Ein weiterer Rechtsverstoß trat im Zusammenhang der bereits vorhin genannten abgeordnetenwatch.de Antwort auf. Die Antwort enthielt wie gesagt das komplette Gedicht “Die Kunst des Trinkens”. Wenn man heute auf diese Seite geht kann man an stelle des Gedichtes folgenden Text sehen. “[Anmerkung der Redaktion: Aus urheberrechtlichen Gründen wurde das hier ursprünglich ausformuliert dargestellte Gedicht von Heinz Erhardt „Die Kunst des Trinkens“ auf Bitten des Büros von Frau Ludwig entfernt.]”. Offenbar hat sie mit Ihrer Antwort nicht nur gerade mal 17% der Frage beantwortet, die Antwort war auch eine Urheberrechtsverletzung und musste deswegen derart angepasst werden, dass sie jetzt aktiv noch genau 0% der Frage beantwortet, und man selbst nach dem Gedicht recherchieren muss um zumindest eine fragwürdige Antwort auf die Frage zu bekommen.
Das folgende ist kein Rechtsverstoß, aber moralisch äußerst Fragwürdig. Am 11. Februar 2020 versendete Daniela Ludwig einen Vierseitigen Brief mit Argumenten gegen eine Cannabis Legalisierung an Kollegen der CDU/CSU, der Partei der sie selbst angehört. In diesem Brief warnt sie Ihre Kollegen, dass eine Diskussion der Cannabis Legalisierung “auf uns” zukommen wird. Angelegt ist eine Studie über den Einfluss von Cannabis. Dieser Brief wurde im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes an eine Bürgerin versandt, welche auf fragdenstaat.de nach einer Liste an Argumenten und Quellen für und gegen die Cannabislegalisierung der Drogenbeauftragten fragte. Da ein solche Liste nicht existiert wurde der Brief zurückversandt, da er dem gefragten nahe kommt.
Ich habe bisher versucht so neutral wie möglich zu bleiben und schlicht Fakten aufzuzählen. Jetzt am Ende möchte ich meine persönliche Meinung einmal zum Ausdruck bringen. Der letzte genannte Punkt, der Brief an CDU/CSU ist besonders vielsagend. Die Tatsache, dass sie dieses Material nur ihren CDU/CSU Kollegen zukommen hat lassen wirkt für mich sehr stark so als wäre sie die Drogenbeauftragte der CDU, nicht der Bundesrepublik. Ich finde es äußerst bedenklich, dass die letzten beiden Drogenbeauftragten beide völlig unqualifiziert in ihre Positionen gekommen sind und beide eine Strikte “Es bleibt alles so wie es ist” Meinung vertreten. Beide brachten nie richtige Argumente an den Tisch und sagen zwar gerne, dass Alkohol ebenfalls gefährlich ist, wollen ihm aber deshalb nicht den selben Stellenwert wie Cannabis zuweisen. Bei Konfrontation dieser Meinung gibt es keine auf Fakten basierten Antworten sondern lediglich ausweichendes Gerede oder völlige Ablenkung von der Frage durch eine zusammenhangslose Antwort. Während Marlene Mortler noch teilweise zu gab von Studien in diesem Fachkreis nicht einmal gehört zu haben, schweigt Daniela Ludwig komplett was das angeht und antwortet lieber mit einem lustigem Gedicht, welches sie danach auf Twitter als Interpretationssache und nicht 100% ernst gemeint bezeichnet. Ich weiß nicht wie es der Allgemeinheit geht, aber ich hätte gerne ernste Antworten wenn ich Fragen an Politiker stelle. Die Tatsache, dass sie ihre eigenen Aussagen als teils nicht ernst zu nehmend bezeichnet, teilweise Personen oder ganze Personengruppen auf Twitter bloßstellt, ohne passende Qualifikationen an ihren Job gekommen ist und meist Argumentationslos auf Fragen eingeht erinnert mich sehr gut an einen amerikanischen Politiker und ich hoffe nicht, dass seine politische Art nun auch tief in die deutsche Politik eindringt. Denn das wäre äußerst bedauerlich.
Quellen:
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/daniela-ludwig/fragen-antworten/521029
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/daniela-ludwig/fragen-antworten/514001
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/daniela-ludwig/fragen-antworten/523455
https://de.wikipedia.org/wiki/Daniela_Ludwig
https://www.youtube.com/watch?v=04CXfr7mbPQ
https://www.youtube.com/watch?v=L27ffKWOBBE
https://twitter.com/DaniLudwigMdB/status/1281569661323288578
https://de.wikipedia.org/wiki/The_Lancet#Weblinks
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31571-X/fulltext
https://www.facebook.com/KappertGonther/posts/982105082231186